Bodenkundliche Betrachtungen

eines norddeutschen Bodenprofils,

eines Stadtbodens im Stadtteilgarten H a m m,

G r i e s s t r a ß e , Hamburg,

 

Marc Hackelbörger

 

 

Bodenprofil

 

Im Stadtteilgarten H a m m konnte am Rande des tiefergelegten Sitzbereichs in der Mitte der Fläche im Sommer 2012 ein Profil freigelegt und aufgenommen werden.

  Weitere Arbeiten auf der Gartenfläche zeigten leicht abweichende Profile, so daß folgende Aussagen nicht auf das gesamte Areal, die grundlegenden Ergebnisse dagegen auf den Großraum der G r i e s s t r a s s e projeziert werden dürfen.

 

Geologie

 Die Eismassen des Weichselglazials hinterließen bei ihrem Vorstoß bis Ahrensburg (z.B. Gletscherstauchungen Wohldorfer Wald) zwischen 115.000 bis ca. 14.500 Jahre vor unserer Zeit im Bereich des Stadtteilgartens mitteldicht bis dicht gelagerte, gut

 

wasserdurchlässige Schmelzwassersande

 

über durchlässigem Sand, in dem teils geringmächtiger Geschiebelehm linsenartig in einer Tiefe von 15 bis 25 Meter eingemengt ist. Die südliche Grenze dieser anstehenden Sande bildet ein Geschiebelehm-Band zwischen Eilbeck-Hamm-Marienthal, bestehend aus Schluff und Ton mit wechselndem Sandgehalt.

Diese zwei Bildungen, Sande östlich von Eilbeck und Lehme im Süden, gehen auf Akkumulationen während des Saale-Glazials (Geschiebelehm) und jüngere Erosion und Akkumulation (Sande) im mehrere Kilometer breiten Elbtal zurück. Die Wassermassen formten am Ausgang des Glazials bis zum gegenwärtigen Zeitalter, dem Holozän, den gegenwärtigen Verlauf des Stroms sowie die Terrassen dieses glazigenen Urstromtals.

  

Boden

 

Allgemeine Bodenbildungen auf fluviatilen Sanden

Fluviatile und glazifluviatile Sande (durch Wasser und Schmelzwasser akkumuliert) zeichnen sich durch hohe Quarzgehalte aus. Bodenbildungen wie Verwitterung des Ausgangsgesteins bis Bodenneubildungen wie Tonmineralbildungen können infolge des Mangels an basenreichen Komponenten zwischen den Körnern des mineralischen Ausgangsgesteins nicht eingeleitet werden. Aus diesem Grunde finden sich auf diesen typischen nordischen Standorten keine entwickelten Bodentypen wie Braunerde, sondern verbleiben im Initialstadium 

 

Regosol, Ah-C,

 

beziehungsweise Sand-Regosol, humoser Oberboden ?Ah? über dem Ausgangsgestein Sand ?C?, das für niedrige Nähstoffgehalte und eine geringe nutzbare Feldkapazität (Wasserhaltevermögen) der Schmelzwasserablagerungen mit eventuellen Versauerungsprozessen verantwortlich zu machen ist. Unter Laubwald bilden sich im Oberboden humose Sande, die zu Podsolierungen neigen. Durch Rodung beispielsweise eines ursprünglichen Eichen-Birken-Waldes und dessen Ersatz durch Nadelholz, Heidevegetation oder vergleichbarer Vegetation wird die Streu unvollständig zersetzt. Es treten verstärkt organische Komplexbildner in der Bodenlösung auf, die Fe und Al freisetzen. Sie verlagern sich sodann mittels Wassers in tiefere Horizonte. Diese Prozesse werden als Podsolierung bezeichnet und finden sich in geringerer Intensität (leicht podsoliert) auch auf Standorten mit ursprünglicher Vegetation wie eventuell vor der Nutzung der Gartenfläche (s.u.).

 

Wasser

Im Raum südlich von Wandsbek liegt einige Zentimeter bis wenige Meter unter dem Erdboden ein oberer Grundwasserspiegel. Die Tiefe der wasserundurchlässigen Schichten bestimmt den unteren Grundwasserspiegel.

  

Der pH-Wert

Die aktuelle Acidität entspricht der Ionenkonzentration von H (Wasserstoff, H+) in der Bodenlösung und beträgt

 

  pH = 5,8 bis 6,5 .

 

Als potentielle Acidität des Standortes wurde in allen Horizonten ein pH-Wert von

 

pH > 5,5

 

gemessen. Es konnten dabei die H-Ionen der Tonminerale, soweit überhaupt vorhanden, und der Huminstoffe gegen Kalium ausgetauscht werden, so daß Gesamt-H des Bodens in der Bodenlösung vorlag (potentielle Acidität):

  

 

Ca Mg H H                               K   K   K   K

  ------------------------     à        ------------------------

Austauscher                        Austauscher

  

  

Horizonte

 

                                                                                                   

 

Ol

 

Unter einem geringmächtigen organischen Horizont ?O? mit einem deutlichen Anteil an organischer Substanz ?l? (l = litter = engl. Streu) mit sichtbarem Anteil an zersetztem Pflanzenmaterial, verzahnt mit einem organischen Horizont, in dem die organische Feinsubstanz ?h? stark überwiegt,

 

Oh,

 

dominiert der bis 64 cm Tiefe reichende und dadurch außergewöhnlich mächtige A-Horizont

 

Ap.

 

Durch eine natürliche oder anthropogen beeinflusste Anreicherung von Humus infolge eines Eintrags von organischem Material folgt in norddeutschen Profilen zumeist unter der organischen Auflage ?O? ein schwarz gefärbter mineralischer Oberboden, der Ah-Horizont, der hier jedoch wegen seines hohen Gehaltes an organischer Substanz innerhalb des Feinsandes und wegen seiner seltenen Mächtigkeit als ?Ap? anzusprechen ist. Er stellt damit einen

 

künstlichen Mischungshorizont

 

dar. Die organische Substanz wurde wahrscheinlich mit Fein- bis Mittelsanden vermischt oder entstand in situ durch tiefreichende, bodenvermischende Meliorationsmaßnahmen wie Tiefumbruch, ?p? bezeichnet eine allgemeine Pflugarbeit. In benachbarten Profilen konnten sogar fundamentartige Blöcke gefunden werden, die den Einfluß der Hamburger in der Vergangenheit bezeugen. Der Boden des Profils ist wahrscheinlich durch eine längere Gartenkultur und/oder Ackerbau geprägt.

 

Vergleichbare Horizonte treffen wir natürlich vorkommend als Kolluvium unter Hängen, Humusakkumulation am Unterhang, anmoorigen Boden oder in kälteren Regionen als Schwarzerde an. Diese Böden scheiden mit ihrer Genese als Erklärung für unser Profil aus, zumal in einer Tiefe von 44 cm ein Gegenstand aus Eisen gefunden wurde.

 

                                                     

 

Die ursprügliche Horizontierung kann nicht mehr nachvollzogen werden, darf jedoch unterhalb des Ap-Horizontes als unberührt angenommen werden:

 

ilCe.

 

Wie oben aufgezeigt, mangelt es auf Schmelzwassersanden an bodenbildenden Prozessen, um einen Bodentyp wie Braunerde zu bilden. Aus diesem Grunde ist kein B-Horizont auszumachen. Der Ap-Horizont geht in einer Tiefe von 64 cm scharf angrenzend in das anstehende Gestein ?C? über. Der fahl-gelbe bis graue Feinsand ?l? mit Skelettanteil  (Steine) erfuhr eine leichte Auswaschung von Sesquioxiden (Eisen-, Mangan- und Aluminiumverbindungen),  wahrscheinlich ausgelöst durch organische Stoffe des Oberbodens, und kann als ?Ce? angesprochen werden, ein nährstoffarmer Auswaschungshorizont (e).

 

Dieser Vorgang der Auswaschung von Stoffen vollzog sich wahrscheinlich während des Holozäns (aktuelles geol. Zeitalter), bevor die Hamburger diesen Standort für eine Kultur verbesserten. Eventuell liegt hier ein fossiler Horizont vor. Podsolierungen treten in diesem Horizont auf (s.o.).

 

Schließlich endet unser Profil unterhalb von 88 cm mit dem nur noch vom Grund- und/oder Niederschlagswasser/Interflow beeinflussten Ausgangsgestein ?C?, das sich durch schwache Rostflecke auszeichnet:

 

ilC(s).

 

Die Intensität der Rostflecken ist eine Funktion der Feuchte und Akkumulation von Sesquioxiden, sofern sie eintrat. Diese eventuelle Ausfällung von metallorganischen Komplexen führt zum Zusatz ?s?, in Klammer notiert. Das Lockergestein gibt der Be-zeichnung die Erweiterung ?l?, die Bestimmung als Regosol im Unterboden ein ?i?: ilC(s).

 

Bodentyp

 

Die Dominanz des mächtigen Ap-Horizonts, der wahrscheinlich einen typischen Regosol aus Lockersedimenten stark überprägt, führt zur Ansprache de Bodens  als Kultisol, ein Kulturboden. Die Mächtigkeit, der hohe Anteil des organischen Materials sowie das lockere Gefüge führen für einen langjährig genutzen

 

Hortisol

 

als Folge von organischer Düngung eines Gartenbodens, tiefgründiger Bodenbearbeitung und/oder externen Mischung mit Bewässerung und der dadurch geförderten Tätigkeit von mischenden Bodentieren. Das Wasser- und Nährstoffbindungsvermögen wurde gegenüber dem Ausgangsboden verbessert und weist dadurch Nährstoffreserven auf, vor allem Stickstoff und Phosphor. Im Untergrund unterlag dieser Hortsol leichten Podsolierungen. Das Ausgangsgestein erfuhr keine nennenswerte Verwitterung, lediglich Eisen und eventuell metallorganische Komplexe werden ausgefällt und das Wasser transportiert Spuren verschiedenster Bindemittel ab.

 

 

 

Bodenbewertung

 

Die Bodenacidität resultiert aus verschiedenen H-produzierenden Prozessen wie Humusbildung, Eintrag, Atmungsprozesse der Bodentiere, Mikroorganismen und Pflanzenwurzeln, etc. . Eine höhere Konzentration von H-Ionen in der Bodenlösung führt zur Verdrängung austauschbarer Kationen wie Ca, Mg, K und Na von den Tonmineralen und den Huminstoffen. Als Folge dominieren unterhalb von pH 4,2 Al und H, unter pH 3,5 zudem Fe in der Bodenlösung.

Diese Prozesse sollen uns vorerst nicht interessieren. Als optimale Bodenreaktion gilt für die meisten Böden und die auf ihnen wachsenden Pflanzengesellschaften ein mäßig saurer bis neutraler Bereich. Diese pH-Spannweite zwischen 5,0 und 7,5 liegt  hier vor. Durch den hohen Huminstoffanteil und pH-Wert sollte im Ap-Horizont eine Zunahme von ungeliebten Elementen wie H, Al und Fe ausgeschlossen sein. Zudem liegen Al und Fe in der Regel unter diesen Bedingungen als Huminstoff-Komplexe vor. Das Pufferungsvermögen liegt durch den hohen Anteil von organischer Substanz vor.

Ein Verschieben des pH-Wertes zur alkalischen Seite hin beispielsweise mittels Basen wie Kalk ist nicht zwingend notwendig, wirkt jedoch einer pH-Wert-Erniedrigung in der nahen Zukunft entgegen und kann gleichzeitig zum Beispiel Bormangel einleiten. Das Einbringen von Schluff und Ton in die Sandhorizonte für tiefwurzelnde Pflanzen wäre generell sinnvoll, bedeutete jedoch durch die Tiefe von über 64 Zentimeter einen enorm hohen Aufwand.

Der Boden des Profils, der wahrscheinlich durch eine längere Gartenkultur und/oder Ackerbau geprägt ist, zeigt sich gut durchlüftet, hält Wasser und bindet Nährstoffe, die er auch selbst liefert, was die potentielle Acidität anzeigt (pH > 5 s.o.). Die biologische Aktivität wurde in dem für sie optimalen pH-Bereich angeregt, die Pflanzen dürfen sich wohl fühlen.

Bei üblichen regelmäßigen Niederschlägen muß der Boden nicht durch Bewässerung oder weitere Maßnahmen erhöht werden. Aufgebrachte bodenbedeckende Materialien verringern die Verdunstung im Oberboden.

Für eine Zufuhr von Einzelelementen wie Zink, Kupfer, Bor, Magnesium, Kalk, etc. sollten Bodenproben und Pflanzenwuchs im Einzelfall geprüft werden. Stickstoff und Phosphor werden wahrscheinlich durch die organische Substanz ausreichend geliefert. Pflanzen mit speziellen Ansprüchen an Magnesium, Kalk, etc. sollten diesbezüglich einen vorbereiteten Standort vorfinden.

Bei intensiverer Nutzung und dem damit verbundenen Austrag von Stoffen sind die Nutzer selbstverständlich angehalten, die vorhandene Bodengüte zu erhalten (Zwischenfrucht, Eintrag, etc.).

 Die Gärtner sollten die unberührten Nachbarstandorte, in denen die nährstoffarmen Sande höher anstehen (C = 0-50 cm), kritisch in Augenschein nehmen und insbesondere in den fahlgelben bis fahlgrauen Auswaschungshorizonten die Austausch- und Feldkapazität mittels Einbringen von Kompost, Humus, Tonminerale, regelmäßigen kleinen Gaben von Dünger, etc. nach Prüfung erhöhen, um Wasser und Nährstoffe für die zukünftigen Pflanzen, wie bei diesem Beispielprofil schon vorbereitet, langfristig bereitzustellen. Der betrachtete Mischungshorizont unseres Profils

verdankt ausschließlich den Huminstoffen die vorhandene Austausch- und Feldkapazität.

 Zusammengefasst handelt es sich bei diesem Bodenprofil um einen in der Vergangenheit intensiv aufgewerteten Sand-Standort, der für eine intensivere Nutzung in der Zukunft durch einige Maßnahmen nachhaltig zu verbessert ist. Benachbarte reine Sand-Regosole sollten eine vergleichbare Verbesserung erfahren.

 Für weitere Aussagen bedarf es einer weiteren Prüfung auf breiterer Grundlage.

 

 

Literatur

 

Ad-hoc-Arbeitsgruppe Boden, Hrsg. (2005): Bodenkundliche Kartieranleitung, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Geologischen Diensten, 5. Aufl., 438 S.; 41 Abb., 103 Tab., 31 Listen, Hannover.

 

Königlich Preußisch Geologisches Landesamt (1912): Geol. Karte v. Preußen u. benachb. Staaten, Blatt Wandsbek 2426, Autoris. Kopie / Landesanstalt für Geologie, Weimar.

 

Möller, I. (1999): Das Naturschutzgebiet Wohldorfer Wald. ? In: Köpke, A. & Thannheiser, D. (Hrsg.): Grüne Oasen in Hamburg. Ausgewählte Naturschutzgebiete Hamburgs (Teil 2): 13-21, Naturwacht-Informationen.

 

Vermessungsamt Hamburg (1985): Geol. Übers.Karte Raum Hamburg 1:50.000 Baugrundübersicht, Amt für Geoinformation und Vermessung, Hamburg.

 

Fritz Scheffer, Paul Schachtschnabel (2010): Lehrbuch der Bodenkunde, 16. Aufl., Heidelberg : Spektrum Akademischer Verlag.


Dipl.-Geogr. Marc Hackelbörger - Auf d e n Bl oe cken- 2--5 , 2--0--5-35 HH, m 1 1 4 4 88 aet jahoo.de (y anstelle j)



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